Neue Tools zur Kalkulation von Honorarsätzen für Selbständige

Wie berechnet man eigentlich seinen Stundensatz als Freiberufler:in und wie können Auftraggebende nachvollziehen, was Selbständige alles in einen Tages- oder Stundensatz eingepreist werden muss?

Oft erleben Selbständige Unverständnis bis Neid, wenn sie ihre Tagessätze nennen.

Doch dass hierbei nicht nur die Lohnnebenleistungen wie Steuern, Altersvorsorge und Krankenkasse, die die Freiberufler:innen zu 100% selbst tragen, auch die Kosten der Administration, Miete, Soft/Hardware und weiteren Versicherungen eingepreist werden müssen sowie die versteckten Arbeitszeiten wie Konzeption, Vorabkommunikation und Nachbereitung, ist vielen nicht recht bewusst.

Hinzu kommt die besonders schwer zu kalkulierende Herausforderung der Ausfallzeiten bzw. „nicht verkauften“ Arbeitszeiten und Urlaubszeiten. Ich kenne kaum Selbständige, die sich 30 Tage (finanziell abgesicherten) Erholungs-Urlaub gönnen, sondern freie Zeiten dann nehmen, wenn die Kinderbetreuungseinrichtungen zu haben oder Aufträge ausfallen , - wenn sie diese dann nicht  für Administration verwenden  oder Rechnungen und Angebote und Konzepte schreiben. 
Und auch Fortbildungen framen sich viele als Kurzurlaub, zumal sie hier kein Geld verdienen. Und oft reist die Arbeit in den Urlaub als Worcation in 2. Tonspur mit. 

In einem neuen Ausmaß kommen die seit der Pandemie erheblich gestiegenen Ausfälle durch sogenannte no-show-Rate. Bei Workshops sagen inzwischen mindestens 30 bis 50% der Teilnehmenden rechtzeitig bis kurzfristig ab oder es kommen nicht genügend Teilnehmende zusammen, sodass Seminar dann wiederum für die Trainer:innen ausfallen. Hier ist jede:r gut beraten, eine Ausfallregelung gefunden zu haben, was viele Auftraggebende aber nicht machen. Bei den Einzelberatungen ist die (kurzfristige) Absagerate auch immens gestiegen, hinzu kommen die vielen Terminverschiebungen, die – wenn auch rechtzeitig – die eigene Zeit und Einnahmenplanung verwundbar machen.

Im Schnitt werden 3 von 5 Terminen ein-zwei Mal verändert, verschoben oder ganz abgesagt. Hier hilft ein Online-Kalender um viel (ggf. emotionsbehaftete) Emailkommunikation nicht zu umfangreich werden zu lassen. 
Kommunikation ist zudem ein wichtiges Stichwort, diese ist in den letzten 10 Jahren aus meiner Sicht auch um das doppelte gestiegen und läuft – wenn man nicht aufpasst – schnell auf mehreren Kanälen und rund um die Uhr: neben der E-Mail, Telefon auch gern übers Handy, über signal, sms, sodass hier schnell unbezahlte Arbeits- oder auch Erholungszeit absorbiert wird.

Dieser Beitrag ist nicht als Jammern der Freiberufler:innen zu verstehen, sondern ein Werben für mehr Transparenz für beide Seiten, dass sowohl Auftraggebenden als auch Auftragnehmenden klar ist, dass ein multiplizierter Stunden- und Tagessatz nicht das Monats-Netto ergibt.

Also in Kürze: Von einem Stunden oder Tagessatz bleiben  - je nach eigenen Unkosten – oft nur 25-40 Prozent übrig, und hier ist dann die Frage, ob das für die Konzeptions- und Vorbereitungs- und Ausfallzeit auch noch reichen muss.

Und last but not least, darf man bei Auftraggebenden aus dem Öffentlichen Dienst bei der Honorarverhandlung gern auch an das gestiegene TVÖD erinnern, dass die Selbständige entsprechend der Inflation ebenfalls ihre Preise anpassen müssen.

Diese beiden neueren Portale helfen sehr bei der Kalkulation:

Der neue Honorarrechner von ver.di ist v.a. für den Kulturbereich hilfreich: www.basishonorare.de. Bei diesem Modellrechner werden vor allen auch Qualifikationen und Gegebenheiten in dem Bereich der Kulturschaffenden berücksichtigt.

Und dieses Portal erläutert nochmal schrittweise die oben beschriebenen einzupreisenden Faktoren:

www.gruenderkueche.de/fachartikel/finanzen/honorar-berechnen-freelancer-freiberufler-selbststaendige

Gern könnt ihr diesen Beitrag mit Euren Erfahrungen kommentieren. Diese Kommentare erscheinen dann nur im intern  - für Spinnen-Netz-Mitglieder – sichtbaren Bereich.

Und am 2. September wollen wir uns beim nächsten digitalen Freiberufler:innen-Lunch über das Thema Angebotserstellung austauschen. Hier gehört die Frage der Preiskalkulation zu wie auch die Frage inwieweit KI bei Angebotserstellung hilfreich sein kann. Weitere Infos zum digitalen Meeting von 12.30-13.30 folgen.

Allen weiter gutes Gelingen wünscht Antje Schultheis